Hypnose in Filmen. Was ist dran und was nicht? 🎬🍿

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So beginnt eine der gruseligsten Hypnose-Szenen im renommierten Film „Get Out“.

Tatsächlich möchte ich Dich mitnehmen auf eine Reise durch die Inszenierungen von Hypnose in Filmen. Welche Rolle wurde der Hypnose zugeteilt? Welche Ängste bedient sie in den Fantasien der Zuschauer*innen? Wie realistisch ist die Darstellung? Was haben diese Szenen mit der Hypnose in einer Therapie noch gemeinsam?

Die Filme habe ich übrigens nicht nach deren Qualität, sondern eher nach ihrem Bekanntheitsgrad und ihrer Reichweite ausgesucht. Denn diese Filme beeinflussen das kollektive Verständnis über Hypnose. Zumindest das in der westlichen Welt. Außerdem habe ich darauf geachtet, möglichst diejenigen Filme auszusuchen, zu welchen die besprochenen Hypnose-Szenen auch im Internet zu finden sind.

Es wird um Hypnose in Horrorfilmen, Thrillern, Komödien, bei Disney und in anderen Filmen gehen. Ein Fazit soll die Verwendung in allen besprochenen Filmen zusammenfassen und der Hypnose in seriösen therapeutischen Praxen gegenüberstellen.

Du findest also im Folgenden viele Videos und grün unterlegte Abschnitte, in denen ich die Filmszenen kurz zusammenfasse und in den Kontext der Filmhandlung einfüge. Wenn Du den entsprechenden Film kennst oder Dir das Video ausreicht, kannst Du ruhig die Inhaltszusammenfassungen überspringen, um Zeit zu sparen.

Hypnose in Horrorfilmen 👻 🧟

Kommen wir zunächst zurück zu Get Out (2017) – nominiert für den besten Film bei der Oscarverleihung 2018 und mit Auszeichnung für die beste Regie für Jordan Peele.

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Inhaltszusammenfassung "Get Out"

Chris Washington, ein schwarzer Fotograf, ist zu Besuch bei den Eltern seiner weißen Freundin. In der Nacht geht er vors Haus, um zu rauchen. Als er wieder zurückkommt, sitzt dort im Wohnzimmer die Mutter der Freundin, Missy, eine Psychiaterin und Hypnotherapeutin. Sie lädt ihn wie oben beschrieben ein, sich zu ihr zu setzen. Nach den ersten paar Sätzen möchte man als Zuschauer*in schon am liebsten „Get out!“ schreien.

Missy lenkt das Thema auf Hypnotherapie und fährt ungefragt damit fort, Chris in eine hypnotische Induktion einzulullen. Sehr geschickt erzählt sie, dass man in der Hypnotherapie häufig die Blickfixation nutzt, um in die Hypnose einzusteigen, in einen Zustand erhöhter Suggestibilität. Dabei fährt sie fort, in ihrer Teetasse zu rühren und lenkt auch seinen Blick auf diese rhythmische Bewegung hin.

Missy vermittelt ihm den Wunsch, das Rauchen aufzugeben. Sie rechtfertigt ihre Offensive damit, nun mal die Mutter zu sein. Dann fragt sie ihn nach seiner Mutter, wo er war, als sie starb. Chris möchte zunächst nicht darüber reden, fügt sich dann dennoch. Missy wechselt mit ihren Fragen ins Präsens und spricht seine Sinne an („Was hörst du?“), um die Absorption noch zu verstärken.

Chris gelingt es leicht, sich in die Situation von damals zu versetzen, und er muss sofort mit den Tränen kämpfen. Ein paar Fragen später merkt er, dass er paralysiert ist, jedenfalls nicht aufstehen kann. Missy braucht nur noch zu sagen: „Nun sinke in den Boden. Sinke.“ Chris fällt schwerelos und tief in einen schwarzen weiten Raum. Seine in der Tat bodenlose Todesfurcht steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Am nächsten Tag glaubt er, schlecht geträumt zu haben.

Als Chris von den perfiden, kranken Plänen dieser Familie erfährt und fliehen möchte, stellt sich heraus, dass Missy das Geräusch des Löffels in der Teetasse mit diesem Gefühl der Panik und Paralyse konditioniert hat, und es dazu nutzen kann, Chris abermals zu paralysieren.

Was ist dran an der Hypnoseszene? Die monotone Wiederholung der Löffelbewegung und der klirrende Klang des Löffels an der Tasse könnten in der Tat leicht hypnotisch wirken. Missys Erklärung mit der Blickfixation stimmt.

Missy stellt es auch geschickt an, seine Imagination anzuregen, indem er sich an ein reales Ereignis erinnern soll. Es geschieht so nebenbei. Im Englischen gibt es dafür den Begriff: conversational hypnosis. Konversationshypnose, ein hypnotisches Einlullen als Nebeneffekt eines Gesprächs, war das, worin Milton H. Erickson brillierte.

Besteht diese hypnotische Prozedur den Realitätstest? Nein. Chris war von Anfang an nicht bereit, an einem therapeutischen und geschweige denn hypnotischen Austausch teilzunehmen. Er wehrte sich nonverbal und ganz ausdrücklich. Selbst im Kontext der Beziehung der Beiden und der speziellen Situation gibt es kein Szenario in der Realität, das ähnlich zum Film verlaufen würde.

Auch das Gefühl paralysiert zu sein, entsteht höchstens in einer einvernehmlichen Hypnotherapie-Sitzung. Und dann berichten die Klient*innen stets, dass sie auch das Gefühl hatten, jederzeit selbstständig wieder in Bewegung kommen zu können – wobei mir die therapeutische Bedeutung einer suggerierten Paralyse nicht gut schmeckt.

Im Vergleich dazu, wird in „Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt“ („Stirs of Echoes“) von 1999 Hypnose aus einem ganz anderen Grund angewendet. Schaut selbst:

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Inhaltszusammenfassung "Echoes - Stimmen aus der Zwischenwelt"

Tom Witzky wird auf einer Party von seiner Schwägerin zu Unterhaltungszwecken hypnotisiert. Die kreative Induktion funktioniert zwar, nur leider gerät danach alles außer Kontrolle. Tom sieht während der Hypnose erschreckende Bilder vor seinem inneren Auge. Er wacht schweißgebadet und tief verunsichert wieder auf.

Für die anderen war es faszinierender Spaß. Sie wundern sich darüber, dass auch ein analgetischer Effekt an ihm funktioniert hat. Für Tom jedoch beginnt ein Leben mit einem Fuß in der Zwischenwelt voller unruhiger Seelen Verstorbener. Sehr gruselig.

Was ist dran an dieser Szene? Ich persönlich fand die hypnotische Induktion anregend formuliert und filmisch kreativ umgesetzt, da man die Wirkung der Suggestionen sozusagen live mitverfolgen kann. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man leicht suggestible Personen auf diese Weise in einen hypnotischen Zustand versetzen kann, vor allem wenn die Bereitschaft wie bei Tom gegeben ist.

Besteht diese hypnotische Prozedur den Realitätstest? Vielleicht. Das mit den Stimmen aus der Zwischenwelt ist selbstverständlich Quatsch. Dass unangenehme Bilder in einer doch eher verunsichernden Umgebung mit Zuschauer*innen und in der Rolle eines Unterhaltungsobjekts hochkommen können, ist jedoch möglich. Deshalb von mir übrigens ein No-No für die Showhypnose.

Als letzten Horrorfilm habe ich für Dich „Das Cabinet des Dr. Caligari“ von 1920 herausgesucht. Unter diesem Link findest Du den Film in voller Länge. Eine bestimmte Hypnose-Szene wird darin nicht gezeigt.

Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Der Direktor einer Psychiatrie freut sich über die Einweisung eines Somnambulen*. Der Direktor nutzt den Somnambulen, um zu erfahren, ob man mittels Hypnose aus ihm ein Mordinstrument machen kann…

*Somnambulismus steht übrigens heutzutage einfach für einen schlafwandelnden Menschen. Früher war damit eher ein Zustand gemeint, wie er nach induzierter Hypnose auftritt – oder ein dauernder, schlafartiger Zustand, in welchem anscheinend hohe Suggestibilität gegeben ist.

Was ist dran? Nichts. Nada. Vollkommen unrealistisch. Vielleicht hast Du zwar eine fragwürdige Netflix-Show gesehen, die dem augenscheinlich widerspricht, aber das wäre ein Blogartikel für sich.

Hypnose in Thrillern 💥 🔫 😬

In Thrillern wird Hypnose natürlich auch gern verwendet. Warum? Na weil es sich wunderbar eignet, mit der Realität zu spielen!

Vielleicht hast Du den Film „Die Unfassbaren“ („Now You See Me“; 2013) schon mal gesehen. Es geht um eine Gruppe Zauberkünstler*innen, Illustionist*innen und Trickbetrüger*innen, die auf spektakuläre Weise hohe Geldsummen ergaunern.

 Im folgenden Clip sieht man eine Szene aus dem Beginn des Films, in der die Charaktere mit ihren persönlichen Expertisen in Aktion vorgestellt werden. Einer von ihnen ist spezialisiert auf Hypnose.
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Inhaltszusammenfassung "Die Unfassbaren"

Merritt McKinney, der „Mentalist“ in dieser Trickbande, hypnotisiert eine Frau mit klassischer Sekundentrance: "Schau in meine Augen und … schlaf‘! ". Dann schnipst er mit den Fingern, stellt sie wieder senkrecht in einen augenscheinlich wachen Zustand und suggeriert ihr, sich nicht bewegen und nicht sprechen zu können.

Währenddessen enttarnt er die Affäre des Mannes mit der Schwester der Frau. Dieser Vorgang hat nichts mit Hypnose zu tun, sondern mit dem Lesen seiner Mikromimik (ich wette, dass selbst das nicht ganz realistisch ist). Die Frau bekommt offenbar alles mit, aber Merritt erpresst den Mann mit der Aussicht, es sie vergessen zu machen.

Als er das erpresste Geld bekommen hat, wendet er sich der Frau zu, schnipst mit den Fingern und sagt abermals: "Schlaf‘! Wenn ich mit den Fingern schnipse wirst du dich an nichts mehr von all dem erinnern…“ und zum Mann: “Und du, jedes Mal, wenn du Janet [die Affäre] siehst oder auch nur an sie denkst, wirst du dir mich nackt vorstellen“. Beim Wort „nackt“ klopft er ihm unerwartet auf die Stirn.

Was ist dran an der Hypnoseszene? Nun, so wie ich es verstehe, ist Merritt als Mentalist/Illusionist/Zauberkünstler von einem Hotel für eine Show engagiert worden und macht in dieser Szene Werbung dafür im Eingangsbereich des Hotels. Das legitimiert den Einsatz von Hypnose schon mal. Das Ehepaar wurde vielleicht von ihm angesprochen oder begab sich freiwillig zu ihm. Jedenfalls kann man annehmen, dass ein gewisses Einverständnis von vornherein gegeben war.

Besteht diese Szene den Realitätstest? Sollte die Frau zufällig zu den hochhypnotisierbaren Menschen gehören, könnte die Blitzinduktion unter diesen Umständen so funktioniert haben. Die posthypnotische Amnesiesuggestion könnte ebenfalls klappen.

Aber ich bleibe skeptisch, dass die Feststellung, dass mein Mann mich mit meiner Schwester betrügt, in der Tat keinerlei Spuren hinterlassen würde. Außerdem kann die Erinnerung trotz der posthypnotischen Amnesie nach einer gewissen Zeit wiederkommen. Andererseits wissen wir ja nicht, ob diese Suggestion in der Tat funktioniert hat. Könnte ja auch sein, dass Merritt abkassiert hat, ohne sein Versprechen zu halten bzw. halten zu können.

Auch in Teil 2 (Die Unfassbaren; 2016) wendet Merritt Hypnose an, um jemanden dazu zu bringen, über ein Hörstück, das er ihm während der Hypnose ins Ohr steckt, Anweisungen zu befolgen. Eine Analyse dieser Szene findest du hier. Aber fahren wir doch mit einem anderen Thriller fort…

„Der Hypnotiseur“ (der Originaltitel auf schwedisch lautet entzückenderweise „Hypnotisören“; 2012) ist der Vertreterfilm für die typische Verwendung von Hypnose als Mittel der Aufklärung eines Verbrechens. Es basiert auf dem gleichnamigen Roman des Autor*innen-Duos mit dem Pseudonym Lars Kepler.

Es wurde ein Mord an einer Familie begangen und der einzige Überlebende ist der Teenager Josef. Es wird ein Arzt und Hypnotiseur (DER Hypnotiseur) ins Spiel gebracht, der den Jungen im Koma mit Hypnose befragen soll, woran er sich zuletzt erinnere.

Die erste Hypnose läuft am Bett im Krankenhaus wie folgt. Der Arzt sagt zum Jungen im Koma: „Du liegst auf einer Klippe. Es ist ganz warm. Du siehst hoch zu den Wolken. Ich sitze vor dir. Ich bin die ganze Zeit bei dir. Wir springen jetzt ins Wasser. Wir tauchen unter. Ich zähle jetzt ab 5 rückwärts und mit jeder Zahl versinken wir immer tiefer. Und wir fühlen eine große, große innere Ruhe. Jetzt. 5, 4, 3, 2, 1. Wir sind jetzt bei dir zu Hause, was passiert..?"

Beim Erinnern und Sprechen wird der Junge zu unruhig, so dass der Arzt die Hypnose abbricht, indem er von 1 bis 5 zählt und ihm suggeriert, aufzuwachen. Er wird ihn noch ein zweites Mal hypnotisieren (diesmal beginnt die Szene direkt beim Herunterzählen) und dabei erfahren, dass der Junge selbst der Mörder ist.

Selbstverständlich ist es nicht möglich, mit komatösen Menschen in Hypnose zu sprechen. Ein weiterer schwieriger Punkt ist jedoch das Erinnern in Hypnose. Das Problem ist, dass viele unserer Erinnerungen konstruiert sind und insbesondere in Hypnose neu geschaffen werden können (Shaw & Porter, 2015; dazu auch ein spannender TED-Talk von Elizabeth Loftus). In einigen Bundesstaaten der USA wird Hypnose immer noch verwendet, um die Kriminalpolizei in ihren Ermittlungen zu unterstützen. Ein Guardian-Artikel mag Dir eine spannende Lektüre bieten.

Immerhin sagt der Hypnotiseur in einer Szene zum Ermittler, dass die Erinnerungen des Jungen subjektiv und nicht zwingend wahr seien. Es stellte sich später im Film heraus, dass der Hypnotiseur mal einen Probanden der Polizei gemeldet hatte, weil dieser ihm in Hypnose von eigener Misshandlung Minderjähriger erzählt habe. Dieser Mann habe sich gegen die Anschuldigungen gewehrt, der Hypnotiseur sei gekündigt worden und dürfe seitdem keine Hypnose mehr praktizieren. Leider erhält der Hypnotiseur am Ende des Films die Information vom dankbaren Ermittler, dass seine Anschuldigung wahr gewesen sein müsse, da der beschuldigte Mann in der Tat vorbestraft war für ein solches Vergehen. Ich sage „leider“, weil es in der Zuschauer*in dann den Eindruck erweckt, als könne man der erinnerungsgenerierenden Funktion von Hypnose doch Glauben schenken.

In Trance(2013) geht es kurz zusammengefasst um Folgendes: Eine kriminelle Gruppe möchte bei einer Auktion ein teures Gemälde stehlen. Der Leiter der Auktion, Simon, hindert sie daran und versteckt das Gemälde. Deshalb wird er von der Bande gekidnappt und er stellt sich als Komplize heraus, jedoch wegen eines Schlags auf den Kopf hat Simon keine Erinnerung mehr an den Ort des Versteckes.

Es wird eine Hypnotherapeutin engagiert, um ihm die Erinnerung zu entlocken, da Simon behauptet, sich an nichts vor dem Überfall erinnern zu können. Bei ihren Hypnosen geht sie ganz ohne Induktion vor und sagt lediglich: „Ich möchte, dass Sie Ihre Augen schließen. Stellen Sie sich vor…“.

Simon soll sich vorstellen, er erwarte mit großer Vorfreude ein Paket. Als es endlich kommt, nimmt er es aufgeregt entgegen. In diesem Paket seien seine Erinnerung und er dürfe sie nun auspacken. Wir sehen in dieser Szene, die uns an seinen Vorstellungen teilhaben lässt, dass er sich am Inhalt des Pakets die Finger blutig schneidet. Daraufhin wacht er aus der Hypnose auf und verlässt den Raum.

In einer anderen Hypnose soll er sich vorstellen, dass er mit einer jungen Frau durch Frankreich fährt und sie in einem Museum mitten in der Natur ankommen. In diesem Museum befinden sich lauter gestohlene oder verloren gegangene Gemälde. In einem anderen Raum, einem „magischen, sicheren Ort“ fühle er sich bereit, das dort liegende Paket auszupacken und die Erinnerungen hervorzuholen.

Im Film gelingt es und gelingt doch nicht. Die Geschichte wird immer komplizierter. Und nun kommt der Spoiler: Die Hypnotherapeutin steckte hinter dem ganzen Coup des Gemälderaubes, weil sie Simon ursprünglich hypnotisiert hatte, es für sie zu stehlen. Dabei ließ sie ihn auch ihre gemeinsame Vergangenheit vergessen.

Bestehen diese Szenen den Realitätstest? Nope. Weder eine gescheite Induktion noch das nötige razzle dazzle machen es völlig unrealistisch, dass eine Person so geschwind in Hypnose kommt. Das mit der Erinnerung habe ich ja oben bereits diskutiert. Und auch die Idee, man könne einen Menschen so hypnotisieren, dass er ein Gemälde stiehlt, ist völliger Quatsch. Außerdem kann man keine lange Zeitspanne in der Vergangenheit vergessen lassen. Völlig unrealistisch. Ich finde aber die Idee mit dem Paket und dem Museum gestohlener Gemälde ganz sympathisch.

Hypnose in Komödien 🤡 💑

Natürlich ergeben sich auch mehr oder weniger amüsante Geschichten, wenn Hypnose zum Einsatz kommt. Schauen wir uns deshalb doch auch Komödien an.

Ich habe für euch zunächst die Romantikkomödie „Schwer verliebt“ („Shallow Hal“; 2001) herausgesucht. Aus heutiger Sicht sicherlich eine nicht mehr ganz aktuelle Posse. Jedenfalls erstaunt es nicht, dass die Drehbuchautoren ausschließlich männlich sind. ABER uns interessiert ja der Teil mit Hypnose 🙂

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Inhaltszusammenfassung "Schwer verliebt"

Hauptprotagonist ist Hal Larson, ein alleinstehender, an Frauen ausschließlich wegen ihrer äußeren Schönheit interessierter Mensch (deshalb „shallow“ – oberflächlich). Der auch im wahren Leben bekannte Coach Tony Robbins spielt sich selbst und hypnotisiert Hal, um ihm zu suggerieren, dass er ab jetzt die innere Schönheit der Frauen sehen würde.

Tony geht dafür folgendermaßen vor: Er bittet Hal zunächst, sich an eine Situation zu erinnern, in der er besonders oberflächlich war. Plötzlich erschreckt er ihn, indem er ihn mit einer Hand an der Schulter packt und mit der anderen seinen Kopf greift und anschreit: „Dämonen, kommt heraus!“.

Tony behält seine Hand auf Hals Schulter und bittet ihn dann, sich für einen Moment zu entspannen und die Augen zu schließen (dabei legt er seine andere Hand kurz über seine Augen). Tony beruhigt Hal dann mit den Worten: „Ich werde das [dich erschrecken] nicht mehr machen“. Er soll sich vorstellen, am Strand zu sein: „Und du siehst in die Augen einer Frau und du fühlst ihr Herz und du siehst ihre Seele, du fühlst ihren Geist. Genau so. Genau so.“

Die Suggestion wirkt und Hal sieht ab da nur die innere Schönheit der Frauen – im wahrsten Sinne des Wortes „sehen“. Und er verliebt sich in Rosemary Shanahan, eine in Wahrheit sehr füllige Frau, die in seinen Augen jedoch schlank und rank – und v.a. wunderschön – aussieht. Diese quasi negative Halluzination führt zu allerlei Verwirrung und vermeintlich lustigen Szenen.

Ein Freund von Hal bitte Tony, diesen Trick aufzuheben, und Tony verrät ihm die auflösenden Worte „Shallow Hal“. Als der Freund diese Worte zu Hal sagt, sieht Hal die Frauen wieder in ihrer realen Erscheinung – auch Rosemary. Spoiler Alert: Natürlich werden die beiden wieder ein Paar, nachdem Hal seine Oberflächlichkeit abzulegen vermag.

Was ist dran an der Hypnoseszene? Tony benutzt das Moment der Überraschung oder Verwirrung (in der Hypnotherapie bekannt als Musterunterbrechung), um mit diesem Moment der Oberflächlichkeit etwas Neues zu verknüpfen, nämlich die Suggestion, die innere anstelle der oberflächlichen Schönheit zu sehen. Dass er den Begriff der Dämonen verwendet, spielt natürlich für die Wirkung der Hypnose keine Rolle. Hauptsache er konnte ihn mit irgendwelchen Worten anschreien und ergo erschrecken.

Musterunterbrechung ist kein untypisches Mittel, um eine Person in Trance zu führen. Verwirrung kann man allein schon mit der Wortwahl erreichen („Stelle dir vor wie dein linkes Bein leichter wird als dein rechter Arm warm ist“).

Es kann helfen, das logische Denken via Überforderung in den Hintergrund treten zu lassen und die nächste, Sinn ergebende Suggestion umso wirkungsvoller erleben zu lassen. Verwirrung ist in der seriösen Hypnotherapie allerdings nicht gerade Mittel der Wahl, da es nicht notwendig ist und im schlechtesten Fall den Nachgeschmack von Manipulation haben kann. Die Klient*in soll sich im therapeutischen Prozess und so auch in der Hypnose als möglichst selbstwirksam erleben.

Aber zurück zu dieser Filmszene. Besteht sie den Realitätstest? Nein. Die unorthodoxe Induktion mag in Realität tatsächlich gelingen. Erstens wird die Suggestion jedoch NICHT dazu führen, dass man tatsächlich die innere Schönheit einer Person sehen kann. Gleichgültig wie die innere Schönheit definiert wird, ist das Level an Sympathie ja nichts Stabiles und nicht von weitem erkennbar, sondern entsteht, verschwindet oder verändert sich allmählich durch Gespräche und Beobachtung. Außerdem ist Sympathie in unserer Wahrnehmung nicht losgelöst von der äußeren Erscheinung des Menschen.

Es scheint jedoch möglich zu sein, einzelne Aspekte von Sympathie, wie z.B. Empathie für eine unbekannte Person, mittels Hypnose zu manipulieren, wie ich in meiner Masterarbeit exploriert habe (s. Literaturliste unten).

Zweitens hält die Wirkung einer posthypnotischen Suggestion nicht dauerhaft an. Ich würde behaupten, eine Suggestion zur negativen Halluzination hält vielleicht für die Dauer der Interaktion und allerhöchstens wenige Stunden darüber hinaus an.

Und drittens ist es Quatsch, dass „Shallow Hal“ als Auflösung wirken würde, zumal es während der Hypnose nicht erwähnt wurde.

In einer anderen Komödie lernen wir den gestressten Programmierer Peter Gibbons kennen, der kurz vor einem Burnout steht und deshalb einen Hypnotherapeuten aufsucht. In Alles Routine“ („Office Space“; 1999) wird Hypnose folgendermaßen dargestellt:

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Inhaltszusammenfassung "Alles Routine"

Der Hypnotherapeut sagt zu Peter: “Ich möchte, dass Sie versuchen sich zu entspannen. Entspannen Sie jeden Muskel in Ihrem Körper, beginnend mit Ihren Zehen und Fingerspitzen. Ihren Beinen. Sie beginnen zu spüren, wie Ihre Augenlider schwerer werden, während Sie gleichzeitig tiefer und tiefer sinken in einen Zustand vollkommener Entspannung. All Ihre Sorgen und Bedenken verschwinden. Tiefer und tiefer, weiter hinab. Ihre Arbeitssorgen schmelzen dahin. Tiefer und tiefer sinken. Und wenn ich nun rückwärts zähle von drei, werden Sie in einem Zustand vollkommener Entspannung sein. Ihre Sorgen, Bedenken und Hemmungen werden verschwunden sein und Sie werden in diesem Zustand verbleiben, bis ich mit den Fingern schnipse. Drei, tiefer und tiefer, weiter und weiter hinab. Zwei, tiefer und hinab, weiter hinab. Eins…“

In diesem Moment ereilt den Hypnotherapeuten der sich anbahnende Herzinfarkt und er stirbt auf der Stelle. Peter öffnet die Augen und man sieht ihm an, dass er sich großartig fühlt. Ab da ist er wie ausgewechselt, entspannt und selbstbewusster, nimmt die Arbeit und das Leben mit deutlich mehr Leichtigkeit.

Was ist dran an dieser Hypnoseszene? Nun, die Umgebung sieht eigentlich recht authentisch aus. Das Gruppenambiente ist zwar etwas ungewöhnlich, vermutlich aber der Drehbuchlogik geschuldet, dass Peters „hypnotisiertes“ Verhalten gegen die angebrachte Reaktion auf den umkippenden Therapeuten vonseiten der anderen Menschen kontrastiert werden soll. Von der Professionalität des Therapeuten mag man halten was man möchte, zumindest hat er Peter meines Erachtens mit der Hypnose ungefragt ziemlich überrumpelt.

Die Induktion ist natürlich etwas kurz geraten, im Großen und Ganzen jedoch eine recht klassische Entspannungsinduktion. Ich hätte zu bemängeln, dass man in der hypnotherapeutischen Sprache im Zielzustand nichts „verschwinden“ lässt, sondern den erwünschten Zustand direkt anspricht.

Beispielsweise heißt es bei der Raucherentwöhnung nicht: „Sie werden nicht mehr rauchen müssen“, sondern eher: „Sie werden sich frei und stark fühlen, sich für die gesunde Alternative zu entscheiden“. Verneinungen aktivieren lediglich die gleichen Assoziationen im Gehirn, die sowieso schon bestehen („Nichtrauchen“ aktiviert die Assoziationen fürs Rauchen).

Besteht die Szene den Realitätstest? Nein. Ich halte es für äußerst unrealistisch, dass Peters Persönlichkeit nach den wenigen, unzeremoniell vermittelten Suggestionen derart ausgewechselt ist. Ich halte es auch nicht für möglich, dass das Umkippen des Therapeuten und die Schreie der anderen Teilnehmer*innen ihn nicht aus der Hypnose reißen.

Wir können uns darauf verlassen, dass das sogenannte Unbewusste stets darüber wacht, ob das, was um uns herum passiert, noch angemessen ist und unseren Werten und Wünschen entspricht. Darum ist es möglich, dass wir als Teilnehmer*in einer Showhypnose allerlei Lächerliches mitmachen oder geschehen lassen (es dient ja der vermeintlichen Unterhaltung), was in einer therapeutischen Praxis nicht möglich wäre. Sprich, es ist einfach zu außergewöhnlich für diese Situation, dass der Therapeut umkippt und die anderen schreien. In diesem Moment würde jede*r von uns den Ernst der Situation erspüren und sofort aufwachen.

Im nächsten und letzten Komödienfilm „Die nackte Kanone“ („The Naked Gun“; 1988) versucht Lieutenant Frank Drebin ein Attentat auf Königin Elisabeth II zu verhindern. Der dahintersteckende Unternehmer benutzt Hypnose, um gewöhnliche Menschen zu Attentätern werden zu lassen.

In der folgenden Szene wird die posthypnotische Suggestion mit einem Signal zur Armbanduhr aktiviert. Die Uhr beginnt während des Baseballspiels zu piepsen und dieses Geräusch soll einen Baseballspieler dazu bringen, die Königin umzubringen. Er bewegt sich roboterhaft auf das Versteck mit der Pistole zu und spricht zu sich: „Ich muss die Königin töten.“

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Natürlich ist auch diese Szene völlig unrealistisch, wie auch schon oben für „Das Cabinet des Dr. Caligari“ besprochen wurde. Das Töten eines Menschen liegt einfach zu weit außerhalb unseres gesunden Werte- und Handlungsbereichs und ist somit auch mit Hypnose höchstens in Filmen möglich.

Hypnose bei Disney 🧚 🦁

Schon alte Walt-Disney-Filme sind auf den Geschmack von Hypnose für das Aufpeppen ihrer Drehbücher gestoßen. Vielleicht erinnerst Du Dich an „Aladdin“ (1992) und den Schurkencharakter Jafar.

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Inhaltszusammenfassung "Aladdin"

Jafar hypnotisiert den Sultan, um an seinen großen Diamantenring zu kommen. Dafür hält er ihm lediglich seinen langen Zauberstab in Form einer Schlange mit leuchtendroten Augen direkt vors Gesicht. Ansonsten muss er nicht viel sagen, außer: "Kümmere dich nicht, alles wird gut.“ Der Sultan ist sofort hypnotisiert und antwortet brav: „Alles wird gut.“ Jafar braucht nur noch zu sagen: „Der Diamant“, und schon wird der Ring ihm bereitwillig übergeben. Er lässt den Sultan sodann in Hypnose zurück und geht. Der Sultan wird sich später an nichts mehr erinnern.

In diesem wie auch in den folgenden Zeichentrickfilmen brauchen wir nicht ernsthaft den Realitätstest anlegen. Hypnose dient hier lediglich der verspielt-magischen Manipulation und ist versehen mit der Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die der Realität bei Disney anhaftet.

Auch in „Das Dschungelbuch“ („The Jungle Book“, 1967) wird Hypnose von der riesigen Pythonschlange Kaa mit der Absicht benutzt, Mogli letztlich zu verspeisen.

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Inhaltszusammenfassung "Das Dschungelbuch"

Mit ihren bunten, zirkulierenden Augen, von denen man den Blick nicht lassen kann, mit den Bewegungen, die Mogli beschäftigt halten und gleichzeitig nonverbal Vertrauen fordern, muss Kaa nicht mehr viel tun, außer zu singen: „Hör‘ auf mich, glaube mir. Augen zu, vertraue mir. Schlafe sanft, süß und fein. Will dein Schutzengel sein. Sink‘ in tiefen Schlummer, schwebe dahin im Traum, langsam umgibt dich Vergessen, doch das spürst du kaum. … Hör‘ auf mich und glaube mir, Augen zu, vertraue mir."

Übrigens, als Kaa unterbrochen und zur Rede gestellt wird vom Tiger Shir Khan, redet sie sich heraus, sie habe nur zu sich selbst gesungen: "Du weißt schon, Selbsthypnose."

Von allen bisher besprochenen Filmen finden wir die bisher simpelste Art, einen Menschen zu hypnotisieren, in „Dornröschen“ („Sleeping Beauty“, 1959). Schau‘ mal in folgendem Video hinein, wie Malefiz Prinzenssin Aurora mithilfe eines grünen Lichtballs hypnotisiert und dazu bringt, sich an einer Spindel zu stechen und somit die Voraussagung in Erfüllung zu bringen.

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Andere Filme 🎭

Ich möchte noch ein paar zusätzliche Filme vorstellen, in denen mir die Verwendung von Hypnose auch erwähnenswert erscheint. Ich werde allerdings nicht mehr so detailliert in die Besprechung einsteigen.

In Lars von Triers „Europa“ (1991) wird Hypnose als filmisches Gestaltungsmittel eingesetzt, um die Zuschauer*in in die Narration zu absorbieren. Das erste Video zeigt das Intro, das zweite das Outro.

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Inhaltszusammenfassung "Europa"

Eine hypnotische Stimme suggeriert, dass man bei der Zahl zehn in Europa aufwachen wird. Währenddessen sieht man Schienen unter sich, so als wäre man als Zuschauer*in auf einem Zug und sieht auf die Schienen beim Fahren hinunter. Es ist Nacht und das Bild ist schwarzweiß. Das Gesprochene ähnelt einer klassischen Hypnose-Induktion. Danach beginnt die eigentliche Filmhandlung. Sie endet mit einem ins Wasser stürzenden Zug, mit dem Hauptprotagonisten eingesperrt in einem Abteil. Die Stimme kehrt zurück: "Sie sind in einem Zug in Deutschland. Der Zug sinkt und Sie werden ertrinken. Bei zehn werden Sie sterben…“ u.s.w.

In der Romanadaption „Thumbsucker“ (2005) möchte ein Kieferorthopäde einen 17-jährigen Jungen vom Daumenlutschen befreien.

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Auch hier kommen die typischen Aspekte filmischer Verwendung von Hypnose ins Spiel: Die therapeutische Legitimation des Kieferorthopäden ist fragwürdig, die Induktion geht zu schnell und die Person wird weder ordentlich aufgeklärt noch wird um Erlaubnis gefragt. Auch Verneinungen sind hier zu finden („Du brauchst deinen Daumen nicht“). Dennoch fand ich diese Suggestionen recht liebevoll gestaltet und insgesamt eine erfrischend positive Darstellung von Hypnose im Rahmen einer Hypnotherapie.

Und zum Schluss noch das Drama „Auf Messers Schneide“ ("The Razor’s Edge"; 1946). Ein Mann wendet Hypnose an, um einen anderen von seiner Migräne zu befreien.

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Auch das ist eine angenehm positive Darstellung von Hypnose, weil es weder um eigennützige Manipulation noch um Unterhaltung geht und weil der Hypnotisierende selbst zugibt, dass es nichts Wundersames sei und dass der Hypnotisierte sich selbst geholfen habe.

Ich halte es übrigens für möglich, dass diese Hypnose im echten Leben auf diese Weise und bei einer hochsuggestiblen Person geholfen haben könnte. Ungünstig ist hingegen die Verwendung der Verneinung („und du wirst keine Schmerzen mehr haben… keine Schmerzen“).

Außerdem fiel mir positiv auf, dass der Hypnotiseur eine harmlose Demonstration hypnotischer Selbstsuggestionen voranstellte, um die (Selbst-)Wirksamkeitsüberzeugen des Hypnotisierten zu steigern. Das findet auch heute in der Praxis Verwendung. Beispielsweise kann man mit der Klient*in eine Armlevitation durchführen, damit die Person Glauben in die Möglichkeiten ihrer unbewussten Fähigkeiten schöpft. Eine höhere Erwartungshaltung verstärkt vermutlich die spätere therapeutische Suggestion.

Fazit

Zunächst einmal: Wenn Du es bis hierher geschafft hast, gratuliere ich Dir zu Deiner Geduld, und mir zu einem offenbar gelungenen Blogartikel 😊.

Allen besprochenen Filmen ist es gleich, dass die Induktion bzw. der Hypnoseprozess zu kurz gestaltet war. Der Griff zu Blitzinduktionen ist gut verständlich, weil es jegliche Dynamik aus einem Film saugt, wenn die Zuschauer*innen 15-30 min einer ausführlichen hypnotischen Induktion lauschen müssten. Das macht bereits einige der besprochenen Szenen unrealistisch.

Blitzhypnosen hingegen hinterlassen bei vielen Menschen einen unangenehmen Beigeschmack. Es entsteht der Eindruck, dass man der Hypnotiseur*in willenlos ausgeliefert ist. Ich denke da an „Get Out“, „Echoes - Stimmen aus der Zwischenwelt“, „Schwer verliebt”, „Alles Routine“, „Die Unfassbaren“ und „Trance“.

Abgesehen von Lars von Triers idiosynkratischen Einsatz von Hypnose als Gestaltungsmittel, wurde Hypnose in den besprochenen Filmen für folgende Zwecke eingesetzt:

  • Manipulation, um Rache zu nehmen („Dornröschen“, „Trance“)
  • Manipulation, um handlungsunfähig zu machen („Das Dschungelbuch“, „Get Out“, „Die Unfassbaren“)
  • Manipulation, um an Reichtum zu kommen („Aladdin“, „Die Unfassbaren“, „Trance“)
  • Manipulation zum Töten („Das Cabinett des Dr. Caligari“, „Die nackte Kanone“)
  • Unterhaltung („Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt“)
  • Um an Vergessenes heranzukommen („Der Hypnotiseur“, „Trance“)
  • Therapeutische Absicht („Auf Messers Schneide“, „Thumbsucker“, „Schwer verliebt“, „Alles Routine“)

Immerhin vier der Filmhandlungen hatten also einen therapeutischen, genuin wohlgemeinten Anspruch an Hypnose. Und selbst in manchen dieser Filme führt die unrealistische Darstellung dazu, die Wirksamkeit und somit potentielle Bedrohung durch Hypnose überzubewerten.

Die anderen Filme bedienen unsere unbewussten Ängste, auf die die Filmemacher*innen erfolgreich mithilfe von Hypnose abzielten. Die große Angst hinter den meisten dieser Filme ist die, unsere Entscheidungsfreiheit oder unseren freien Willen zu verlieren.

Es hängt mit dem allen Menschen innewohnenden emotionalen Grundbedürfnis nach Kontrolle und Selbstbestimmung (nach Grawe, 2004, und Young, 2005) zusammen. Wird dieses Grundbedürfnis in der Kindheit nicht befriedigt, sind tiefe Verunsicherungen bis hin zu psychischen Erkrankungen als Folge nicht unwahrscheinlich. Aber auch als Erwachsene haben wir noch das Bedürfnis, uns selbst und unsere Umwelt als kontrollierbar zu erleben.

Hypnose und Manipulation sind natürlich in den Köpfen vieler Menschen ein Geschwisterpaar, das Hand in Hand geht. Leider ist das genau das Vorurteil, das viele Menschen davon abhält, eine hypnotherapeutische Hilfe zur Selbsthilfe aufzusuchen. Und Filme sind ein solches Medium, über das dieses Vorurteil erweckt und zementiert wird.

Das Ziel der Hypnotherapie ist also nie, der Klient*in die Kontrolle und Selbstbestimmung zu nehmen – was wie oben erwähnt auch nicht möglich wäre. Im Gegenteil: Therapie ist Hilfe zur Selbsthilfe. Dafür muss sich die Klient*in als handlungsfähig und selbstwirksam erleben.  

Ein weiteres Vorurteil entsteht durch die Porträtierung von Hypnotiseur*innen als Menschen mit böser Absicht. Mir ist bisher noch nie eine Geschichte untergekommen, wonach eine Hypnotherapeut*in auch nur annähernd boshafte Absichten pflegte.

Ich bin an einer Hypnotherapie interessiert. Was soll ich beachten? 🤔

Wenn Du an einer Hypnotherapie interessiert bist, ist es wichtig auf eine seriöse Ausbildung der Therapeut*in zu achten. Du findest alle anerkannten, deutschsprachigen Gesellschaften, die in Hypnotherapie ausbilden, hier: https://hypnose.de/gesellschaften/.

Wenn Du beispielsweise auf eine Person triffst, die dir überzogene Allheilversprechen macht („Ich kann Sie mit Hypnose für immer von Ihrer Allergie befreien“), ist es ein sicheres Zeichen dafür, sich lieber weiter umzusehen.

Alles weitere darfst Du Deinem gesunden Menschenverstand und Deiner Intuition anvertrauen. Denn das Wichtigste ist eine gute therapeutische Beziehung. Und natürlich kann man noch vorhandene Zweifel und Vorurteile in der Therapie vorbesprechen.

In der seriösen hypnotherapeutischen Praxis ist der Vorgang normalerweise folgender: Zuerst lernt man sich kennen und es gibt eine ausführliche Problem- und Zielbesprechung. Ist das Interesse an einer Behandlung dann weiterhin auf beiden Seiten gegeben, wird die Klient*in zuerst über den Ablauf einer Hypnose-Sitzung informiert und offene Fragen werden geklärt. Erst dann erfolgt die eigentliche Hypnose, mit einer deutlich länger andauernden Induktion als in den obigen Filmen. Die Induktion nimmt üblicherweise zwischen 10 und 30 min in Anspruch und kann an sich schon therapeutisch wirken, weil man dabei eine tiefe Entspannung erreicht. Außerdem darf die Klient*in die Hypnose auf Audio aufzeichnen, um die Aufnahme zu Hause in Selbsthypnose nochmals anzuhören.

Ich hoffe, dass Dich dieser Artikel sensibilisiert für Deine persönliche Auffassung von Hypnose und woher sie stammen könnte. Es wäre nur natürlich, wenn Du als Lai*in im Feld der Hypnotherapie gewisse Vorurteile hättest – ich hatte sie ja auch. Und ich denke, meine Vorurteile stammten zu einem wesentlichen Teil aus Filmen.

Wenn Dir dieser Artikel gefallen hat, traue Dich gern, ihn zu teilen und mir einen Kommentar oder eine Frage zu hinterlassen. Kennst Du noch andere Filme, in denen Hypnose vorkommt?

Autorin: Lisa Anton-Boicuk

Lisa hat ihren Masterabschluss in Klinischer Psychologie an der Universität Wien absolviert und erforschte dort über zwei Jahre lang den Einfluss von Hypnose auf das Wahrnehmen, Denken und Fühlen. Am Milton-Erickson-Institut Rottweil hat sie die Curricula der Klinischen Hypnose und Hypnosystemischen Kommunikation durchlaufen. Heute arbeitet sie als Psychologin in einer psychosomatischen Klinik.


Privat ist sie ambitionierte Kaffeesomelière.


Aktuelles Lieblingsbuch: Karsten Dusse "Achtsam Morden" (Danke an die Person, die es mir geschenkt hat)

(Weitere) Quellen / Literaturliste:

  • Eine Liste mit Filmen, in welchen Hypnose vorkommt (laut Wikipedia): https://en.wikipedia.org/wiki/Category:Films_featuring_hypnosis
  • Anton-Boicuk, L. (2019). Influence of hypnotic suggestions on empathy and social fear learning as measured by skin conductance response: A pilot study. Unveröffentlichte Masterarbeit. Universität Wien.
  • Grawe, K. (2004). Neuropsychotherapie. Göttingen: Hogrefe.
  • Shaw, J. & Porter, S. (2015). Constructing rich false memories of committing crime. Psychological Science, 26(3), 291–301.
  • Young, J. E., Klosko, J. S., & Weishaar, M. E. (2005). Schematherapie. Paderborn: Junfermann.
  • adW sagt:

    Guten Tag,

    vielen Dank für den tollen Einblick in die Hypnotherapie. Als Laie habe ich mich bisher nicht befasst. Eher ist es so, dass ich einem eher zufällig wirkenden Hinweis intuitiv gefolgt bin. Inhaltlich spüre ich, dass mir Ihr Beitrag langfristig weiterhelfen wird. Auch wenn der Kopf noch nicht in der Lage ist, die gelesenen Informationen sachlich zu sortieren. Auf der Gefühlsebene verstehe ich mehr, als der Kopf erfassen kann. Dieser innere Prozess wird wohl noch einige Wochen oder Monate dauern und ich Ihren Artikel noch einige Male lesen, bis der kognitive Teil, bewusst versteht, worum es inhaltlich geht und in welcher Form mich auf meinem Weg begleiten wird.

    Sprachlich ist es so mitreißend geschrieben, dass ich gar nicht aufhören wollte zu lesen. (Die Müdigkeit abends war dann stärker). Umso mehr konnte ich es gar nicht erwarten, am nächsten Morgen weiter in Ihr sprachliches, ausdrucksstarkes Facettenreichtum einzutauchen. (Den laienhaft-saloppen Ausruf „wie hypnotisiert“ verkneife ich mir mal, um keine Verwirrung zu stiften 🙂 .) Die Filmausschnitte bringen zudem durch den visuellen/auditiven Aspekt, einen schnelleren Einstieg. Die gut platzierten Emojies lockern das ganze auf, ohne dabei infantil zu wirken. (Nach den gruseligen Stellen, besonders kurz vor dem Schlafen gehen, ein willkommenes Aufatmen; zu Disneyfilmen und Komödien eine passende Erheiterung) Diese Mischung aus Schrift, Inhalt, Bild/Ton hat bei mir mehrere Ebenen und Sinne stimuliert: kognitiv wurde mein Interesse geweckt, während die sprachliche Verspieltheit (untermalt von den Emojies) mir immer wieder ein Schmunzeln entlockt hat; was wiederum dazu führt, dass inhaltlich mehr hängen bleibt und der Genuss weiter zu lesen gesteigert wurde. Intuitiv wurde auf der Gefühlsebene bei mir sehr viel bewegt (in angenehm-positiver Weise).

    Besonders ansprechend, (emp)finde ich Ihre Begeisterung, die mit jeder Zeile deutlich spürbar rüber kommt. Diese Leidenschaft, die in Ihrer Arbeit steckt, wirkt so ansteckend auf mich, dass es die Neugier mich mit der Hypnotherapie/Hypnose zu befassen, doch mehr in mir geweckt hat, als ich es zu Anfang für möglich gehalten hätte.

    Ad hoc kann ich gar nicht sagen, was mich mehr bewegt hat und bewegt: Ihre sprachliche Ausdruckskraft oder der Inhalt als solches. Vermutlich beides in sinnvoller Kombination. Tief in mir drin hat Ihr Blog etwas in mir hervorgeholt: eine Kraft, die lange verborgen schien; ein wesentliches Fühlen, das lange verschollen war. Angelehnt daran verwende ich das Kürzel meines fast vergessenen Spitznamen.

    Andere Filme sind mir durchaus durch die Erinnerung geschwirrt. Leider kann ich so spontan weder die Szenen beschreiben, noch fallen mir die Filmtitel dazu ein. Gesehene Szenen ploppten zwischendurch zu Ihrem Text passend auf, verschwanden dann jedoch wieder rasch aus dem Bewusstsein, noch ehe ich sie „greifen“/benennen konnte. Wobei ich fast schon (schmunzelnd) mit mir wetten würde: sobald ich meinen Kommentar abgeschickt habe, fallen sie mir wieder ein.

    Mit freundlichen Grüßen
    adW

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